Befreiung von Lohnarbeit aufgrund der Corona-Pandemie
Wann darf ich / wann muss ich der Arbeit fernbleiben? Wer zahlt meinen Lohn in welchem Fall? Mein Kind ist aufgrund der Kitaschließung unbetreut und ein Ersatz ist nicht zu finden. Was sind meine Rechte und Pflichten? Grundsätzlich werden sich Arbeitsrechtler_innen da wohl noch sehr lange mit Einzelfällen auseinandersetzen. Hier aber ein kurzer Überblick, wie sich die Situation nach dem Stand unserer Kenntnis im Moment darstellt:
Wenn ich selbst krank bin:
Na klar – hier greift das übliche Prozedere bei Arbeitsunfähigkeit. Sollte es sich allerdings um einen Corona-Infekt handeln, solltest Du dem_der Chef_in mitteilen, dass du einen Corona-Infekt oder Verdacht auf einen Corona-Infekt hast, damit diese_r entsprechende Maßnahmen zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung treffen kann.
Wenn die Kita / Schule geschlossen hat:
Wenn Du die elterliche Sorge für ein Kind hast und die Betreuungsmöglichkeit wegfällt, musst Du Dich selbst kümmern. Großeltern sollte ja, wenn sie sonst vielleicht der Plan B sind, nach der allgemeinen Risikoeischätzung ab einem gewissen Alter, momentan nicht die Betreuung übernehmen. Nach § 616 BGB steht dem_der Lohnabhängigen für einen kurzen Zeitraum (ca. 5 Tage) eine bezahlte Freistellung zu, wenn er_sie ohne ihr_sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Du müsstest das für den konkreten Einzelfall aber absprechen.
Wenn Dein_e Chef_in Dich aufgrund eigener Erwägungen freistellt:
Wenn Du arbeitswillig- und fähig bist, Dein_e Chef_in aber keinen Gebrauch von der vereinbarten Arbeitskraft nimmt, ist sie_er natürlich trotzdem zur Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet.
Wenn Du nicht erkrankt bist, aber in Quarantäne musst, weil eine Behörde ein Beschäftigungsverbot ausspricht:
Normalerweise solltest Du weiterbezahlt werden und dein_e Chef_in kann sich das Geld erstatten lassen. Außer wenn eine Lohnfortzahlung für diesen Fall durch einen Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist. Bist Du aber tatsächlich krank, gilt natürlich wieder das übliche Prozedere bei Krankheit.
Wenn Dein_e Chef_in möchte, dass Du Deine Überstunden erst einmal abfeierst:
Wenn Ihr einen Betriebsrat in Eurer Firma habt, kann Dein_e Chef_in keine Überstunden oder den Abbau von Überstunden ohne Zustimmung des Betriebsrats anordnen. Viele Chef_innen berufen sich darauf, dass sie in Notfällen verlangen können, dass Überstunden abgebaut werden. Ein Notfall liegt allerdings nur bei ‚einer ganz ungewöhnlichen Gefährdung der Betriebsanlagen, der Waren oder der Arbeitsplätze‘ vor.
Wenn Dein_e Chef_in Deinen Arbeitsvertrag ändern möchte:
Solltet Ihr einen Aufhebungsvertrag oder Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag zum Unterschreiben vorgelegt bekommen, nicht einfach unterschreiben, immer erst beim Betriebsrat oder der Gewerkschaft deines Vertrauens beraten lassen.
Wenn Du freiberuflich arbeitest (Schein-)Selbstständig bist:
Unter bestimmten Umständen (Quarantäne oder existenzgefährdende Betriebsstillegung) kannst Du Entschädigungen beantragen. Außerdem lohnt es sich unter Umständen einmal hinzuschauen, ob Du nicht im Sinne des Arbeitsrechtes doch abhängig Beschäftigte_r eines Betriebes bist.
Falls Du weitere Fragen hast, kannst Du Dich gerne an Deine_n Ansprechpartner_in der FAU Marburg ~ Gießen ~ Wetzlar wenden.
Solidarische Grüße
Deine FAU Marburg ~ Gießen ~ Wetzlar
V.i.S.d.P.: FAU Marburg-Gießen-Wetzlar, Afföllerwiesen 3A, 35039 Marburg
E-Mail: fauli@fau.org